Samstag, 18.Juni, London in England: Bin ich vielleicht froh, dass ich mit Handgepäck reise! Ein Rollkoffer, hinter einem hergezogen, verwandelt den abenteuerlustigen Reisenden in eine besorgte, lahme Hausschnecke, die immer all ihre Belongings um sich braucht. Ein Rollkoffer deklassiert die mündige Bürgerin zu einer Gepäck-Schlepperin, die es sich einfach machen will. Aber im Grunde nur Bakterien aus 2,5 Kontinenten in ihren Rollen versammelt. Disgusting.
Also, für Reisen nach UK und Ireland braucht man einen guten Regenschirm, eine größere Handtasche und ein adrettes Paar salonfähige Zweitschuhe. Meine aus Samt, nur für innen geeignet. Oder für Glyndebourne. Aber davon später.
In die Handtasche passen ohne weiteres: 1 Reisepass mit 3 ausgedruckten Bordkarten, ein Abendkleid, Seide, höchstens 130 Gramm, notfalls auch als Nachthemd zu benutzen. Ja, als Nachhemd, denn in jedem Mittelklasse-Hotel der Britischen Inseln gibt es…
… im Kleiderschrank ein Bügelbrett samt Bügeleisen. So wird aus einem zerknitterten Nachthemd im Handumdrehen ein Abendkleid, und natürlich auch umgekehrt.
Das mit dem Bügeleisen können Sie ja nicht wissen, weil Sie immer nur nach Malle oder Portugal oder in andere 3.-Welt-Länder reisen, aber wenn Sie jemals Lust auf Zivilisation haben, wissen Sie es jetzt. Jemand muss es Ihnen mal sagen.
Ferner gehören in die Reise-Handttasche das Suhrkamp-Taschenbuch Neue Edition Nr. 1100, Ulysses, in der Übersetzung von Hans Wollschläger (es ist, als lese man es auf Englisch), ein iPhone mit Navi-App, ein Aufladekabel und ein ADAPTER. Die Steckdosen auf den Britischen Inseln sind eigenwillig und beharren auf 3 Polen. Aber die Firma Samsonite stellt sehr platzsparende Adapter her.
Außerdem braucht man noch in der Handtasche: Geld ohne Ende (in Form einer Kreditkarte) , Lippenstift, Zahnbürste, Haarbürste (niemals Kamm, damit kann man Piloten ermorden, der wird immer konfisziert) und ein paar Proben Make-Up und Anti-Falten-Creme, die die Firma Douglas immer bereitwillig in die Handtasche wirft.
Ja und: Kein Parfüm. Platzverschwendung. Wer alle 2 Tage auf irgendeinem Flughafen sitzt, kann sich im Duty-Free-Shop von den Zehenzwischenräumen bis in die Haarspitzen gratis parfümieren. Möglichst mit 4 verschiedenen Parfums, eins wird schon bis zum nächsten Morgen überleben.
So, meine Damen, jetzt wissen Sie alles, was man braucht, um auf die britischen Inseln zu reisen, dem einzigen Ort, meines Erachtens, wo dem Reisenden noch die Freude gemacht wird, einen Unterschied zur Heimat festzustellen.
PS: Der Regenschirm hat leider unter dem britischen Wetter arg gelitten, 2 Flügel hingen schlapp herab. Aber: In Wien gibt es noch eine Firma, die Regenschirme repariert. Wirklich und wahrhaftig. Man fühlt sich umsorgt wie im Jahre 1904. Schirmfachgeschäft Brigitte, Franz-Josefs-Kai 27.