Auf den Spuren von Lady Mary Montague durchwanderten wir Oberitalien und machten in Padua Halt. Ich habe immer die Religion als große Bereicherung empfunden, so auch in Padua.
Die Basilika des hl. Antonius mit seiner großartigen Kuppelstruktur und seiner kleinkarierten Reliquienkultur (man hat den guten Heiligen posthum in Stücke gerissen und Zunge, Kiefer, sogar die Stimmbänder einbalsamiert) ist ein Ausgangspunkt, berühmter sind sicherlich die Fresken von Giotto in der Kapelle Scrovegni. Aber uns interessierte nur der Orto Botanico, der älteste Botanische Garten der Welt.
Es war November und die Gärten Deutschlands und Österreichs sind schon im Winterschlaf. Der große Ehrgeiz des Gartens zu Padua erlaubt keine Pause.
Nun denn, von vorne: Der botanische Garten in Padua wurde 1545 eröffnet, um die Wissenschaft der Pharmakologie zu begründen: Welche Pflanze wirkt bei welcher Krankheit? Positiv? Negativ? Schon mal ein Statement, um dem hl. Antonius etwas entgegenzusetzen, denn bislang wirkten ja nur Gebete und reichhaltige Spenden gegen Hinfälligkeit. Die Menschen beschlossen, die Sache selber in die Hand zu nehmen und ein bisschen zu experimentieren und vielleicht auch klüger zu werden. Ich begrüße das. Ich wäre ja gerne eine Lichtgestalt der Aufklärung.
So auch Goethe, unsere intellektuelle, aufgeklärte Faust. Er besuchte den botanischen Garten Paduas und analysierte die Fächerpalme. Danach haben die Gärtner ein Gewächshaus um diese Goethe-Palme herum gebaut, die ein bisschen an den Reliquienschrein der Stimmbänder des hl. Antonius erinnert. Lichtgestalten der Aufklärung müssen ja immer mit den Bereicherungen der Religiosität arbeiten.
Der botanische Garten ist eh voll von Artefakten, das macht die Natur erträglicher. Es gibt gute Beschilderungen und Faune und Nymphen.
Ich habe jetzt, nach dem herbstlichen Ausflug, nur ein Ziel: Im späten Frühling wiederkommen. Wenn die Magnolien explodieren.